POP
C D s
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
LIVE AT GRUGAHALLE
Polydot/Univetsal
2
CDs
(
134
’)
Zur Gänze kann dieser ungekürzte
Live-Mitschnitt aus der Essener
Grugahalle die Athmosphäre eines
Helge-Schneider-Auftritts
nicht
'rüberbringen: Es fehlen die sze-
nischen Elemente, vor allem aber
geht die Spontaneität verloren, mit
der die selbsternannte „Singende
Herrentorte“ seine Gags präsentiert.
Dennoch macht das Hören Spaß.
Nicht nur wegen Schneiders Witzes,
in dem sich unnachahmlich Bana-
les mit Anspruchsvollem vermischt.
Sondern auch wegen der Musikalität
des Ruhrpöttlers, der wunderbar
diverse Musikstile parodiert - von
Beethovens „Mondscheinsonate“
(„der alte Schlüpferstürmer“) über
Udo Jürgens bis hin zum Jazz.
A. Ku.
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
José James
WHILE YOU WERE SLEEPING'
Blue Note/Universal CD
(auch als LP geplant) (
51
’)
Cooler Jazz, Hip-Hop-Rhythmen,
R‘n‘B unserer Tage, die Eleganz
des Neo-Soul, Hendrix-Gitarren-
rock: All das und mehr bringt José
James auf dem ambivalenten neuen
Album unter einen Hut. Man mag
der „Synthese von allem, was ich
liebe“ (O-Ton James) wegen ihrer
Geschmeidigkeit und Klangraffi-
nesse applaudieren, im Innersten
berühren wird sie einen jedoch
nicht. Dazu ist die „Bildungsbür-
germusik“ hier zu akademisch, zu
unsinnlich. Handwerklich macht
der Vokalist aus New York City
alles richtig, trotzdem lässt einen
seine Kultiviertheit am Ende kalt.
Weniger Kopf und mehr Bauch -
das wär’s gewesen.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
B u c h k ritik
Eigenwillig und unglaublich
Insgesamt interessantes Buch über den gro-
ßen „Led Zeppelin“ -Gitarristen Jimmy Page
Die Aufnahmen zur Debüt-LP der
Beatles dauerten zehneinhalb, die
zu der von Led Zeppelin dreißig
Stunden - und das zu einer Zeit,
als Rolling Stones, Pink Floyd und
andere damit begannen, Studios
vorsichtshalber schon mal auf
Wochen hinaus zu buchen. Das
jedenfalls verrät hier Jimmy Page.
Auch
reichlich
Wissenswertes
über die Entstehungsgeschichte
der Aufnahmen, technische Pro-
bleme und die klangästhetischen
Vorstellungen, die er dabei anders,
weil „zeitgenössischer“ als die
renommierten Blues-Produzenten
der Jahrzehnte zuvor umgesetzt
wissen wollte. Dass ihm als sehr
eigenwilligem Produzenten dabei
Tonmeister hilfreich zur Hand ge-
hen mussten, unterschlägt er nicht.
Großes Lob widerfährt in dem
Zusammenhang wieder einmal
dem „sechsten Rolling Stone“ lan
Stewart, gerühmt als guter Geist
bei der dritten LP, aufgenommen
im mobilen
16
-Spur-Studio der
Stones.
Kritische Analyse der Platten ist
Tolinskis Ding eher nicht. Wenn
man eines bedauern kann, dann,
dass er den auskunftswilligen
Gitarristen nicht hartnäckiger mit
Fragen nach dem spezifischen
Sound der LPs und nach der Rolle
löcherte, die bei der Entstehung
verschiedene Studios und ein
Keith Harwood oder Eddie Kramer
während der Aufnahmen spielten.
Einige Seiten widmet das Buch
den Gitarren, Verstärkern
und
Effektgeräten, die Page bevorzugt
nutzte. Aber ausgerechnet den oft
originellen Sound-Konzepten etwa
von „Physical Graffiti“, die zahllose
Epigonen inspirierten, gewährt der
Autor nicht denselben Raum wie
den Instrumenten: beispielsweise
der von Jeff Beck geschenkten
oder einer Joe Walsh abgekauften
Gitarre und der von Produzent
Mickie Most geliehenen, „absolut
The Flam ing Lips
7 SKIES H3
Bella Union/Cooperative CD
(
50
")
Die Band hat einen Knall - im positi-
ven Sinne. Denn wer sonst käme auf
die Idee, eine
24
Stunden lange EP
mit einem (!) Song in einer Auflage
von
13
Stück zu veröffentlichen, in
einem menschlichen Schädel auf ei-
ner Flash-Karte gespeichert und für
5000
Dollar zu erwerben? Nun gibt
es die in zehn Einzeltracks aufgeteilte
und auf übliche
50
Minuten gekürzte
CD-Version des ursprünglich
2011
erschienenen Avantgarde-Projekts.
Die Musik: ein hippieskes, teils ka-
kofonisches Rock-Spektakel, das den
Hörer noch mehr als andere Lips-CDs
ratlos, aber doch auch voller Bewun-
derung für diese unangepasste und
je nach Blickwinkel visionäre Band
zurücklässt.
pb
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★ ★
____________
Brad Tolinski: Licht & Schatten (Edel
Books), 360 Seiten, Preis: 19,95 €
unglaublich“ klingenden Gibson
J-
200
, die er bei den Aufnahmen
zur Debüt-LP spielte.
Es ehrt Page, dass er nicht nur die
üblichen Vorbilder (die drei Kings
Albert, B. B. und Freddie, Otis Rush,
Elmore James und Buddy Guy) als
Inspiration benennt, sondern auch
größte Bewunderung für Hubert
Sumlin äußert. Die Coverart von
„Led Zeppelin III“ findet er übrigens
„enttäuschend“, ganz toll dagegen
die berühmte von Howlin’ Wolfs
„Rockin’ Chair Album“ von
1962
! Ein
Namens- und Stichwort-Verzeichnis
mochte man leider nicht anfügen.
Franz Schöler
Rubén Blades
TANGOS
Sunnyside/HM
CD
Mit „Pablo Pueblo“ oder „Ligia
Elena“ interpretiert Ruben Blades
elf seiner größten Hits als Tango
oder Milonga. Der
66
-jährige Sän-
ger, Komponist, Rechtsanwalt und
Schauspieler revolutionierte ab
1975
die Salsamusik mit gehaltvollen
Texten und ungeahnten Verkaufs-
erfolgen. Nach seiner erfolglosen
Präsidentschaftskandidatur
1994
in
Panama erfüllt er sich einen lang-
gehegten Traum. Die Arrangements
besorgte Carlos Franzetti, der seit
1975
mit Blades arbeitet. Dank der
epischen Stories lassen sich Unter-
welthelden wie der von Brecht/Weill
inspirierte „Pedro Navaja“ problem-
los aus Spanish Harlem nach Buenos
Aires versetzen.
wz
MUSIK ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★
First Aid K it
STAY GOLD
Columbia CD
(auch als LP erhältlich)
(
38
’)
Niemand sagte bei den Aufnahmen
zum op.
3
der Söderberg-Schwes-
tern dem als Tonmeister für Auf-
nahmen und Mix verantwortlichen
Produzenten Mike Mogis, dass
weniger mehr ist. Der rührte die
ganzen Klarinetten, Celli, Flöten,
Mandolinen, Bratschen, Kontra-
bässe, Pedal Steel-Gitarren, Violi-
nen, auch mal Klavier in einer so
üppigen Hall-Soße an, dass sich
die Qualitäten der Songs darin fast
gänzlich verflüssigten. Den Liebreiz
der Stimmen unterschlug er damit
absurderweise so gnadenlos, wie
er die selbst bei den weithin akus-
tischen Songs „Fleeting One“ und
„A Long Time Ago“ verhallte.
F. Sch.
MUSIK
KLANG ★ ★ ★
122 STEREO 9/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problem atisch I ★ schlecht